Kinder haben gegenüber ihren Eltern einen Anspruch auf Unterhalt, bis sie beruflich selbständig sind. Dabei sind Entwicklungsverzögerungen hinzunehmen. Das heißt, wenn wegen solcher Beeinträchtigungen länger Unterhalt benötigt wird, ist er auch länger zu bezahlen. Wie ist es aber, wenn ein Kind nicht nur entwicklungsverzögert, sondern für längere Zeit erwerbsunfähig ist?
Ein Unterhaltsanspruch des Kindes besteht auch dann, wenn es arbeits-, schul- und ausbildungsunfähig ist. Das ist eine Situation, die ärztlich zu attestieren ist und selten vorkommt. Sie wird immer mit einer besonderen und sehr starken Erkrankung verbunden sein, z.B. einer schweren Depression. Auch in dieser Situation tragen die Eltern in erster Linie weiterhin die unterhaltsrechtliche Verantwortung für das Kind.
Allerdings ist dann zu prüfen, ob ein Anspruch auf Grundsicherung besteht. Denn wer dauerhaft erwerbsunfähig ist, kann Sozialhilfe in Anspruch nehmen. Diese geht dem Unterhaltsanspruch vor. In dem Maß, in dem dann Sozialhilfe bezogen wird oder bezogen werden kann, besteht kein Unterhaltsanspruch mehr - es sei denn, die Eltern verdienen mehr als 100.000 EUR jährlich.
Dauerhaft erwerbsunfähig ist, wer aufgrund von Krankheit oder Behinderung für mindestens sechs Monate keine Arbeit von mehr als drei Stunden am Tag verrichten kann und bei dem auch nicht damit zu rechnen ist, dass sich dies in den nächsten drei Jahren ändert.
Hinweis: Vorstehende Grundsätze gelten ebenso beim Elternunterhalt. Werden Kinder zur Zahlung von Unterhalt für ihre Eltern in Anspruch genommen, ist ebenfalls zu prüfen, ob die Eltern gegebenenfalls einen Anspruch auf Grundsicherung haben.
Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 10.09.2015 - 4 UF 13/15