Die elterliche Sorge umfasst das Recht, in religiösen Dingen die Entscheidungen für das Kind zu treffen. Steht die elterliche Sorge beiden Eltern gemeinsam zu, haben sie damit auch in religiösen Dingen die Entscheidungen gemeinsam zu treffen. Bei unterschiedlichen religiösen Vorstellungen ergeben sich daraus insbesondere bei Trennung und Scheidung immer wieder Probleme.
In einem nun vom Oberlandesgericht Hamm (OLG) entschiedenen Fall lag eine in dieser Hinsicht typische Problematik vor. Der Kindesvater ist praktizierender Muslim, die von ihm geschiedene Kindesmutter, bei der die gemeinsamen Kinder leben, praktizierende Christin. In ihrer gemeinsamen Zeit haben es die Eltern bewusst unterlassen, die Kinder zu taufen bzw. den Sohn beschneiden zu lassen. Die Mutter plante nun, die Kinder taufen und an der Erstkommunion teilnehmen zu lassen. Der Vater, zu dem die Kinder in regelmäßigem Kontakt stehen, war damit nicht einverstanden.
Das OLG hat sich in seiner Entscheidung darauf berufen, dass der Staat zur weltanschaulichen Neutralität verpflichtet ist. Deshalb darf nicht von Grund auf angenommen werden, dass die Ansicht der Mutter eine Art Vorrang genießt, weil ihre christliche Glaubensorientierung gegenüber der muslimischen hierzulande vorherrschend ist. Auch kann kein Vorrang zugunsten der Mutter daraus abgeleitet werden, dass die Kinder bei ihr leben und dem Vater lediglich ein Umgangsrecht zusteht. Anderes könne sich nur ergeben, wenn kein Kontakt der Kinder zum Vater bestehen würde.
So aber kommt den Wertvorstellungen beider Eltern dieselbe Bedeutung zu. Aus diesem Grund bleibt es bei der gemeinsamen elterlichen Sorge - auch für die Entscheidungsbefugnis über die Taufe. Da sich die Eltern nicht einig sind, muss die Taufe unterbleiben.
Hinweis: Übergeht ein Ehegatte den anderen und erreicht beispielsweise, dass die Kinder getauft werden, ist die Taufe wirksam. Die mangelnde Zustimmung des anderen Elternteils hat darauf keinen Einfluss.
Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 24.06.2014 - 12 UF 53/14