Bei Trennung und Scheidung stellt sich die Frage, welche güterrechtlichen Ansprüche ein Ehegatte dem anderen gegenüber hat. Dazu ist zu ermitteln, welches Vermögen jeder Ehegatte bei Eheschließung hatte und schließlich bei Einleitung des Scheidungsverfahrens aufweist. Die Differenz ist der Zugewinn des einzelnen Ehegatten - und wer den höheren Zugewinn erwirtschaftet hat, muss dem anderen von dieser Differenz die Hälfte überlassen.
Von den vielen Besonderheiten, die bei dieser einfachen Grundregel zu beachten sind, gehört die Frage, wie in diesem Zusammenhang mit einem in der Ehezeit durchlaufenden Insolvenzverfahren eines Ehegatten umzugehen ist.
Ein Ehegatte hat bei Eheschließung Schulden von 200.000 EUR, baut diese während der Ehe ab und sogar ein weiteres Vermögen auf, so dass er bei Einleitung des Scheidungsverfahrens ein aktives Vermögen von 200.000 EUR aufweist. Somit beläuft sich sein Zugewinn auf insgesamt 400.000 EUR. Denn zunächst baute er 200.000 EUR Vermögen auf, um auf null zu kommen. Dann kamen weitere 200.000 EUR hinzu. Wenn der andere Ehegatte in derselben Zeit kein Vermögen erwirtschaftet hat, beträgt der Zugewinnausgleichsanspruch also die Hälfte von insgesamt 400.000 EUR - und damit 200.000 EUR.
Die bisher ungeklärte Frage war, ob Selbiges gilt, wenn die bei Eheschließung vorhandenen Schulden von 200.000 EUR nicht durch Sparmaßnahmen oder Ähnliches abgebaut wurden, sondern durch ein erfolgreich zum Abschluss gebrachtes Privatinsolvenzverfahren? Die Antwort lautet ganz einfach: ja! Ob besonders sparsam gelebt wurde oder im Rahmen der Pflichten des Insolvenzverfahrens lediglich gesetzeskonform, ist im Hinblick auf die güterrechtlichen Fragen ohne Unterschied.
Hinweis: Das Güterrecht ist komplex. Es bedarf fachkundiger Beratung, um eine Entscheidung in der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung bei Trennung und Scheidung herbeizuführen.
Quelle: OLG Naumburg, Beschl. v. 17.12.2014 - 4 UF 153/14