Das Unterhaltsrecht unterscheidet zwischen allgemeiner und gesteigerter Unterhaltspflicht. Bei der gesteigerten Unterhaltspflicht wird der Unterhaltspflichtige in besonderem Maße zur Zahlung von Unterhalt herangezogen. Diese gesteigerte Unterhaltspflicht besteht zumeist gegenüber den eigenen minderjährigen und gleichsam unverheirateten Kindern.
Einen Sonderstatus nehmen im Unterhaltsrecht die volljährigen unverheirateten Kinder ein, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, im Haushalt der Eltern bzw. eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Obwohl sie nicht mehr minderjährig sind, werden die Kinder als solche behandelt, so dass auch ihnen gegenüber die gesteigerte Unterhaltspflicht besteht. Dabei stellt sich immer wieder die Frage, ob eine Ausbildungsmaßnahme eines unverheirateten volljährigen, jedoch noch nicht 21 Jahre alten Kindes im Sinne dieser Regelung als allgemeine Schulausbildung zu bezeichnen ist.
Entschieden wurde dazu nun: Hat ein Kind die Hauptschule ohne Abschluss beendet, will diesen aber nachholen, um danach den Realschulabschluss zu machen und letztendlich den Beruf der Altenpflegerin zu erlernen, zählt eine berufsvorbereitende Maßnahme zur Verbesserung der Lese-, Rechtschreib- und Lernkompetenz nicht zur allgemeinen Schulausbildung. Es besteht demnach auch keine gesteigerte Unterhaltspflicht.
Hinweis: Der Besuch der Berufsschule zählt generell nicht zur allgemeinen Schulausbildung, weil es dort nicht um allgemeines Wissen geht, sondern um berufsbezogene Ausbildungsinhalte. Um Missverständnissen vorzubeugen: Befindet sich ein unverheiratetes, volljähriges, aber noch nicht 21 Jahre altes Kind in keiner allgemeinen Schulausbildung, bedeutet dies nicht, dass es nicht unterhaltsberechtigt ist. Eltern, die Unterhalt zu bezahlen haben, sind dann jedoch nicht gesteigert, sondern nur allgemein unterhaltspflichtig.
Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 03.12.2014 - 2 WF 144/14