Im Regelfall ist es so, dass bei Trennung und Scheidung ein Elternteil die Kinder zu sich nimmt und der andere Kindesunterhalt zu zahlen hat - gegebenenfalls auch Unterhalt für den betreuenden Elternteil. Meist bleiben die Kinder bei der Mutter, unterhaltspflichtig ist demnach der Vater. Das Einkommen des Vaters bildet dabei zuerst einmal die Basis zur Berechnung des Kindesunterhalts. Der nach Abzug des Kindesunterhalts verbleibende Betrag ist dann die Grundlage für die Berechnung des Ehegattenunterhalts. Zu zahlen ist dieser Unterhalt dann, wenn der verbleibende Betrag höher ist als das eigene Einkommen der Mutter.
Das OLG Stuttgart (OLG) hatte nun einen Fall zu entscheiden, in dem der Vater keinen Kindesunterhalt zahlte, weil die betreuende Mutter diese Kosten eigenständig bestritt. Die Mutter machte aber Ehegattenunterhalt geltend - denn weil sie für die Kosten der Kinder aufkomme, sei von ihrem Einkommen der Kindesunterhalt abzuziehen. Dass sie nicht nur alle Kosten der Kinder trage, sondern diese zudem auch tatsächlich betreue, könne ihr nicht nachteilig ausgelegt werden. Nach Abzug des Kindesunterhalts von ihrem Einkommen verblieb der betreuenden Mutter weniger als dem Vater. Deshalb verlangte sie für sich Unterhalt.
Das OLG sprach ihr den Unterhalt zu und folgte bei der Begründung ihrer Argumentation. Das Einkommen der Mutter war so hoch wie das des Mannes oder sogar höher. Ohne Berücksichtigung des Kindesunterhalts hätte sich also kein Ehegattenunterhalt ergeben. Das steht laut Gericht dem Unterhaltsanspruch aber nicht entgegen.
Hinweis: Diese Situation ist ungewöhnlich. Es fällt schwer, sich eine Konstellation vorzustellen, in der kein Kindes-, aber stattdessen Ehegattenunterhalt geltend gemacht wird. Einmal mehr zeigt sich, wie wichtig es insbesondere bei Unterhaltsfragen ist, sich anwaltlicher Hilfe zu bedienen.
Quelle: OLG Stuttgart, Beschl. v. 01.08.2012 - 11 WF 161/12
Diana Frobel - Rechtsanwältin für Familienrecht - Cottbus