Ausgerechnet mitten im Sommer hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Streupflicht bei Eis- und Schneeglätte beschäftigt. Eine interessante Entscheidung nicht nur für Eigentümer von Grundstücken, sondern auch für Mieter, die eine Streupflicht haben.
Die Mitarbeiterin eines Pflegedienstunternehmens wollte einer Kundin eine Weihnachtsgrußkarte zustellen. Sie ging von der Straße aus auf einem etwa zwei Meter breiten Weg über das Grundstück auf den Hauseingang zu, um die Karte in den Briefkasten einzuwerfen. Mit Ausnahme einer vereisten Fläche von ca. 20 x 30 cm nahe der Grundstücksgrenze befand sich weder Schnee noch Eis auf dem Gehweg. Doch ausgerechnet auf dieser kleinen Fläche stürzte die Pflegemitarbeiterin auf ihrem Rückweg. Sie verlangte daraufhin Schmerzensgeld und materiellen Schadensersatz von der Grundstückseigentümerin.
Der BGH hat die Ansprüche abgewiesen, denn eine Räum- und Streupflicht besteht nicht uneingeschränkt. Es kommt dabei auch auf die Leistungsfähigkeit des Grundstückseigentümers und auf die Zumutbarkeit an. Da unstreitig nur eine Eisfläche in Größe von etwa einem DIN-A-4-Blatt vorhanden war, konnte nicht von einer allgemeinen Glättebildung, sondern nur vom Vorhandensein einzelner Glättestellen ausgegangen werden. Genau das reicht für eine Verletzung der Räum- und Streupflicht nicht aus.
Hinweis: Die Unterscheidung zwischen einzelnen Glättestellen und einer allgemeinen Glättebildung ist in der Praxis nicht ganz einfach. Im Zweifel gilt hier sowohl für Grundstückseigentümer als auch für Mieter, die eine Räum- und Streupflicht übernommen haben: Lieber einmal zu viel als zu wenig tätig werden. Im Übrigen empfiehlt sich für alle Beteiligten der Abschluss einer entsprechenden Versicherung.
Quelle: BGH, Urt. v. 12.06.2012 - VII ZR 138/11
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