Für das Verhalten ihrer Kinder im Straßenverkehr haften Eltern Dritten gegenüber nur bei einem Verstoß gegen die Sorgfalt, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen.
Eine Mutter wollte mit ihrem sechs Jahre alten Sohn eine Bundesstraße überqueren. Mutter und Sohn waren von ihren Fahrrädern abgestiegen, standen am Straßenrand und beobachteten den Verkehr. Von der Sonne geblendet dachte die Mutter, die Straße sei frei und machte eine leichte Vorwärtsbewegung, blieb aber sofort stehen, als sie merkte, dass sie sich geirrt hatte. Ihr Sohn lief weiter und wurde von einem Fahrzeug erfasst. Der Fahrzeugführer nahm die Mutter auf Schadenersatz in Anspruch.
Das mit der Sache befasste Gericht entschied jedoch, dass kein Anspruch gegen die Mutter besteht. Denn dazu hätte der Mutter ein schuldhaftes Verhalten zur Last gelegt werden müssen.
Bei der Frage, ob ein schuldhaftes Verhalten vorliegt, ist kein allgemeiner, sondern ein individueller Maßstab heranzuziehen, bei dem es darauf ankommt, welche Sorgfalt die Mutter in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Dieser Haftungsmaßstab ist auch dann anzuwenden, wenn die Kinder einen Schaden verursachen und die Eltern wegen der Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht herangezogen werden sollen.
Unter näherer Betrachtung der Umstände in der konkreten Situation und weil das Kind mit der Teilnahme am Straßenverkehr vertraut war, kam das Gericht zur Ansicht, dass die Mutter unter Beachtung des individuellen Sorgfaltsmaßstabs das Kind ausreichend beaufsichtigt hatte.
Hinweis: Die Entscheidung fügt sich in die allgemeine Rechtsprechung der Gerichte ein, die grundsätzlich sehr zurückhaltend sind, Eltern wegen der Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten für durch ihre Kinder verursachte Schäden in die Haftung zu nehmen.
Quelle: OLG Bamberg, Urt. v. 14.02.2012 - 5 U 149/11
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