Gleichmäßige Aufteilung: Gleichbehandlung von Unterhaltsansprüchen aus 1. und 2. Ehe im Hinblick auf Unterhaltsbedarf

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass der geschiedene Ehemann die Herabsetzung des Unterhalts für die geschiedene Ehefrau verlangen kann, wenn er wieder geheiratet hat und nunmehr auch seiner neuen Ehefrau unterhaltspflichtig ist. In welchem Umfang er gegenüber der neuen Ehefrau unterhaltspflichtig ist, bestimmt sich dann allerdings nicht nach der frei wählbaren Rollenverteilung innerhalb der neuen Ehe, sondern nach den strengeren Maßstäben, wie sie auch für geschiedene Ehegatten gelten

Die 1975 geschlossene kinderlose Ehe wurde 2003 geschieden. Seit der Scheidung ist der Kläger, ein Chemieingenieur, der Beklagten, die als Reinigungskraft arbeitet, zum sogenannten Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB) verpflichtet. Aus der Ehe des seit 2004 wieder verheirateten Klägers ist 2005 ein Sohn hervorgegangen. Außerdem adoptierte der Kläger im Jahr 2006 den 1997 geborenen Sohn seiner jetzigen Ehefrau. Diese ist nicht erwerbstätig. Der Unterhalt der Beklagten wurde zuletzt durch Urteil des Familiengerichts vom August 2007 auf mtl. 607 EUR festgesetzt. Bei der Unterhaltsberechnung wurden zwar die Unterhaltspflichten des Klägers gegenüber den beiden Kindern berücksichtigt, nicht aber die Unterhaltspflicht gegenüber seiner jetzigen Ehefrau.

Der BGH hat seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, derzufolge nach der Scheidung entstandene Unterhaltspflichten gegenüber Kindern und auch gegenüber dem neuen Ehegatten schon bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen sind. Aus dem Gedanken der Teilhabe des Unterhaltsberechtigten am Lebensstandard des unterhaltspflichtigen Ehegatten folge nämlich zugleich dessen Begrenzung auf den Standard, der dem Unterhaltspflichtigen selbst jeweils aktuell zur Verfügung stehe. Dessen Lebensstandard sinke durch hinzugetretene Unterhaltspflichten ebenso wie bei anderen unverschuldeten Einkommensrückgängen.

Im Rahmen der Unterhaltsberechnung hat der BGH hingegen nicht akzeptiert, dass die neue Ehefrau - anders als die geschiedene Beklagte - nicht erwerbstätig ist. Vielmehr seien für die geschiedene wie für die neue Ehefrau die gleichen Maßstäbe anzuwenden. Zwar sei die Rollenverteilung in der neuen Ehe gesetzlich zulässig und könne nicht als rechtsmissbräuchlich bewertet werden. Die Rollenverteilung betreffe indessen nur das Innenverhältnis zwischen den neuen Ehegatten.

Beispiel für die gleichmäßige Aufteilung nach der neuen Rechtsprechung:

Einkommen des Unterhaltspflichtigen 4.000 EUR bei einem geschiedenen und einem neuen Ehegatten, die beide vollständig unterhaltsbedürftig sind.

Berechnung bis 2007 ("Stichtagsprinzip"): Unterhalt des geschiedenen Ehegatten: 4.000 EUR : 2 = 2.000 EUR Unterhalt des neuen Ehegatten: 2.000 EUR : 2 = 1.000 EUR. Dem Unterhaltspflichtigen verbleiben 1.000 EUR.

Berechnung nach neuer Rechtsprechung des BGH: Unterhalt des geschiedenen wie auch des neuen Ehegatten: 4.000 EUR : 3 = je 1.333 EUR. Dem Unterhaltspflichtigen verbleiben 1.333 EUR.

Quelle: BGH, Urt. v. 18.11.2009 - XII ZR 65/09


Diana Frobel - Rechtsanwältin - Cottbus

Zivilrecht - Familienrecht - Mietrecht - Sozialrecht